Wenn Vanessa Wachtler an ihre berufliche Reise zurückdenkt, ist sie froh, dass sie ihrem inneren Kompass gefolgt ist. Nach einem abgeschlossenen Studium der Betriebswirtschaft schien ihr Weg zunächst klar, doch die Leidenschaft für den sozialen Bereich war immer stärker. Diese Begeisterung führte sie schließlich zu einem neuen Weg: einem Bachelorstudium der Logopädie an der FH Wiener Neustadt. Heute arbeitet Vanessa als Logopädin bei den Zentren für Entwicklungsförderung der Wiener Sozialdienste und kann sich keinen anderen Beruf mehr vorstellen.

Ihre Entscheidung für die Logopädie kam nicht von ungefähr. Obwohl sie bereits einen Abschluss in Betriebswirtschaft hatte und in diesem Bereich arbeitete, spürte sie, dass ihre wahre Leidenschaft woanders lag. „Meine Mutter arbeitet auch im Gesundheitsbereich und ich habe mich schon immer für Berufe interessiert, die direkt mit Menschen zu tun haben. Diese soziale Einstellung hat mich schließlich zur Logopädie geführt“, erinnert sich Vanessa. Interessiert hätte sie auch Ergotherapie zu studieren, letztendlich entschied sie sich aber bewusst für die Logopädie, weil sie von der Vielfalt des Berufs begeistert war.

Nach ihrem Logopädie Studium sammelte Vanessa Wachtler Berufserfahrungen in einer Gemeinschaftspraxis, bevor sie ihr Weg schließlich zu den Zentren für Entwicklungsförderung der Wiener Sozialdienste führte. Trotz der langen Pendelstrecke aus dem Burgenland nach Wien bereut sie diesen Schritt keine Sekunde. „Die Arbeit hier ist einfach unglaublich abwechslungsreich und der Austausch in den interdisziplinären Teams bereichert meinen Arbeitsalltag enorm“, sagt sie begeistert. Besonders schätzt sie die Kombination aus Therapie, Diagnostik und der engen Zusammenarbeit mit Kindern und ihren Eltern.

Für Vanessa bedeutet Sprache mehr als nur Kommunikation – sie ist der Schlüssel zur Welt. „Sprache eröffnet den Kindern Möglichkeiten, ihre Umwelt zu entdecken und zu verstehen“,  erklärt sie. Dabei geht es in ihrem Beruf um weit mehr als die Förderung der Sprachentwicklung. Sie arbeitet mit Kindern, die vielfältige Herausforderungen haben, sei es im Bereich Sprechen, Schlucken, Hören oder bei myofunktionellen Störungen, die die Muskelfunktionen im Gesicht betreffen. Der anatomische und physiologische Hintergrund, den sie in ihrem Studium gelernt hat, ist in ihrer täglichen Arbeit von unschätzbarem Wert.

„Das Studium war sehr spannend und hat mir viel Freude bereitet“, erzählt Vanessa. Fragt man sie nach einer Sache, die sie im Studium nicht so gerne mochte, muss sie länger überlegen. Eine besondere Herausforderung während ihrer Ausbildungszeit war die Arbeit mit Patient:innen, die eine Trachealkanüle tragen und die Arbeit im Bereich der Stimme. „Es hat eine gewisse Überwindung gekostet, aber diese Erfahrungen haben mich beruflich gestärkt. Auch wenn ich in der Arbeit mit Kindern diese Herausforderungen aktuell nicht habe, war es doch wichtig, die verschiedenen Aspekte dieses Berufs zu erfahren.“

In ihrer aktuellen Tätigkeit im Zentrum für Entwicklungsförderung sieht sie es als besonders wichtig an, den individuellen Bedürfnissen jedes Kindes gerecht zu werden. „Jedes Kind ist anders. Je nach Alter und Entwicklung spielen sie anders, haben einen unterschiedlichen Wortschatz und können verschiedene Bedeutungen und Zusammenhänge erfassen.“ Ein Therapieblock umfasst in der Regel 20 Einheiten, doch der Bedarf variiert von Kind zu Kind. „Es ist unglaublich, die Fortschritte zu sehen, wenn ein Kind plötzlich anfängt, mehr zu sprechen oder die Eltern berichten, dass ihr Kind jetzt richtig viel plaudert. Diese Erfolgserlebnisse sind nicht nur für die Kinder, sondern auch für die Eltern ein großes Glück.“

Ein besonderes Projekt, das Vanessa Wachtler sehr am Herzen liegt, ist die Sommergruppe „Selektives Essverhalten“ im Zentrum für Entwicklungsförderung. Diese hat im interdisziplinären Team mit einer Psychologin, zwei Ergotherapeutinnen und einer Logopädin stattgefunden. Hier können Kinder, die z.B. Schwierigkeiten mit bestimmten Konsistenzen oder Geschmäckern haben, Essen auf ganz neue Weise und ohne Druck erleben. „Es gibt immer noch wenig Bewusstsein dafür, mit welchen Herausforderungen Kinder beim Essen oft kämpfen. In unserer Sommergruppe geht es nicht darum, etwas essen zu müssen – Essen darf spielerisch und mit allen Sinnen kennengelernt werden. Matschen, mixen und genießen – alles ist erlaubt!“ Auch die Eltern sind in dieses Projekt eingebunden und haben die Möglichkeit, die vielfältigen Erfahrungen ihrer Kinder mitzuerleben.

Was braucht es, um in diesem Beruf erfolgreich zu sein? Vanessa betont, dass hohe Eigeninitiative, eine soziale Ader und Freude an der Arbeit mit Kindern essenziell sind. „Wer sich für den Beruf interessiert, dem empfehle ich unbedingt, Hospitationsstunden zu machen. So kann man einen realistischen Einblick bekommen, was diesen Beruf ausmacht.“ Auch in den Zentren für Entwicklungsförderung sind Hospitationsstunden immer wieder möglich. Trotz der Herausforderungen, die der Beruf mit sich bringt, sieht Vanessa ihre Arbeit als Logopädin als ihre Berufung und kann sich keinen erfüllenderen Beruf vorstellen.

Gefragt nach einem zusätzlichen Aspekt ihrer Arbeit, den sie noch spannend finden würde, meint Vanessa Wachtler: „Es wäre interessant, die Essenssituationen der Kinder direkt im jeweiligen Zuhause zu erleben. Die individuelle Situation zu Hause kann einen großen Einfluss auf das Essverhalten der Kinder haben. Doch auch wenn das derzeit noch nicht gemacht wird, freue ich mich über die vielen kleinen und großen Erfolge, die die Kinder hier im Zentrum für Entwicklungsförderung erreichen.“